Sehr geehrte Damen und Herren Aktionäre,

für WACKER war 2014 ein gutes Geschäftsjahr. Im einhundertsten Jahr unseres Bestehens konnten wir den Umsatz und das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) deutlich steigern. Höhere Absatzmengen in allen unseren Geschäftsbereichen und höhere Preise für Polysilicium waren dafür verantwortlich. Profitiert haben wir auch von Sondererträgen aus erhaltenen Anzahlungen und Schadenersatzleistungen, die wir aus geänderten oder aufgelösten Verträgen mit Solarkunden erhalten haben. Der Umsatz ist auf 4,83 Milliarden Euro gewachsen. Das sind fast acht Prozent mehr als im Vorjahr. Das EBITDA erhöhte sich um mehr als 50 Prozent auf 1,04 Milliarden Euro.

Hinter diesen Zahlen stehen das große Engagement, das hervorragende Wissen und die hohe Identifikation unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dem Unternehmen. Sie haben mit einer starken Leistung zu diesem Erfolg beigetragen. Dafür danke ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch im Namen meiner Vorstandskollegen.

Von größter Wichtigkeit war für uns im vergangenen Jahr die Einigung mit dem chinesischen Wirtschaftsministerium für nach China exportiertes Polysilicium. Sie sieht vor, dass wir an unseren europäischen Standorten hergestelltes Polysilicium in China nicht unter einem bestimmten Mindestpreis verkaufen. Im Gegenzug verzichtet China darauf, Anti-Dumping- und Anti-Subventionszölle auf dieses Material zu erheben. Damit können wir unser Polysilicium auch in Zukunft zu wettbewerbsfähigen Preisen im für uns größten Markt anbieten.

Auch andere wichtige Finanzkennzahlen sind im Rahmen unserer Erwartungen oder besser ausgefallen. Die Nettofinanzschulden sind zwar wie geplant im Jahr 2014 weiter angewachsen, aber das Ziel, unter 1,1 Milliarden Euro zu bleiben, haben wir erreicht. Fast verdoppelt gegenüber dem Vorjahr hat sich der Netto-Cashflow, der auf über 200 Millionen Euro gestiegen ist. Deutlich erhöht hat sich auch der Jahresüberschuss, der bei 195 Millionen Euro liegt.

Wir wollen Sie, als unsere Aktionäre, an dieser positiven Geschäftsentwicklung beteiligen. Aufsichtsrat und Vorstand werden der Hauptversammlung im Mai eine Dividende von 1,50 Euro vorschlagen. Insgesamt schütten wir damit 37 Prozent des Jahresüberschusses an Sie aus.

Als strategisch richtige Schritte haben sich die Übernahme der Mehrheit an Siltronic Silicon Wafer in Singapur und der Erwerb von Scil Protein Productions in Halle erwiesen. Beide Unternehmen haben wir zügig und erfolgreich in den WACKER-Konzern integriert. Siltronic hat damit – entsprechend ihrer Strategie – das Geschäft mit 300 mm Siliciumwafern in der Region Asien gestärkt. Für den Geschäftsbereich WACKER BIOSOLUTIONS eröffnen sich durch die zusätzlichen Kapazitäten weitere Wachstumsperspektiven auf dem Gebiet der Pharmaproteine. Durch den Erwerb konnten wir bereits Verträge mit neuen Kunden abschließen.

Insgesamt können wir mit dem Geschäftsverlauf in allen unseren Bereichen sehr zufrieden sein. Besonders hervorzuheben sind die guten Ergebnisse bei WACKER POLYSILICON und Siltronic.

Neuer Absatzrekord, höhere Preise und nochmals deutlich verbesserte Herstellungskosten – das sind die wichtigsten Botschaften für unser Polysiliciumgeschäft. Siltronic konnte mit deutlich höheren Mengen und mit beachtlichen Kostensenkungen den Preisdruck in ihrem Geschäft mehr als ausgleichen. Geholfen hat dabei auch die hohe Auslastung in der Produktion. Es hat sich als richtig erwiesen, dass wir vor zwei Jahren den japanischen Standort Hikari geschlossen und eine Fertigungslinie im amerikanischen Portland stillgelegt haben. Das hat sich im Jahr 2014 ausgezahlt.

Die drei Chemiebereiche haben ein erfreuliches Umsatzwachstum erzielt. Der einzige Wermutstropfen: Mit der Entwicklung des EBITDA können wir nicht vollständig zufrieden sein. Hohe Preise für den Rohstoff Vinylacetatmonomer und Preisrückgänge bei Siliconprodukten haben die Ergebnisentwicklung gebremst. Wichtig für uns ist: Wir haben in allen wichtigen Regionen weiter in unsere Produktionsanlagen investiert, mit denen wir am künftigen Wachstum in diesen Märkten teilhaben wollen, und wir haben uns global noch besser aufgestellt.

2015 wird in vielerlei Hinsicht ein bewegendes Jahr für WACKER. Zum Ende des Jahres wollen wir die ersten Mengen Polysilicium an unserem neuen Produktionsstandort Charleston im US-Bundesstaat Tennessee herstellen. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dieses Ziel zu erreichen.

Die Fertigstellung der Polysiliciumproduktion in Tennessee markiert einen Wendepunkt in der Investitionsausrichtung wie auch im Zahlenwerk von WACKER. Die Nettofinanzschulden werden im Jahr 2015 nochmals ansteigen, aber in den nächsten Jahren zurückgehen. Auch die Investitionen, die bei etwa 700 Millionen Euro liegen werden, verringern sich in den Folgejahren. Mit der Inbetriebnahme des Standortes Charleston schließen wir die Phase der kapitalintensiven Ausbauprojekte ab, in der wir bis zu 25 Prozent unseres Umsatzes reinvestiert haben. Der Investitionsfokus liegt dann auf Anlagen für die Herstellung von Zwischen- und Endprodukten in unseren Chemiebereichen, mit denen wir unsere Wachstumschancen auf allen wichtigen Märkten ausschöpfen wollen.

Für das Geschäftsjahr 2015 haben wir uns viel vorgenommen. Das gilt nicht nur im Hinblick auf Tennessee. Wir wollen im Umsatz im hohen einstelligen Prozentbereich wachsen und damit den Aufwärtstrend aus dem Vorjahr fortführen. Obwohl die Anlaufkosten am Standort Charleston unser EBITDA belasten, soll es auf vergleichbarer Basis ohne Sondererträge leicht ansteigen. Wir wollen das schaffen, auch wenn das wirtschaftliche und politische Umfeld weltweit sehr volatil bleibt. Überall auf der Welt beobachten wir derzeit Entwicklungen, deren Ausgang für uns nicht vorhersehbar oder gar planbar ist. Dieser Zustand wird uns in Zukunft begleiten.

Trotz dieser Unwägbarkeiten sind wir zuversichtlich, dass wir das Unternehmen WACKER nachhaltig und profitabel weiterentwickeln können. Weil wir langfristig denken. Weil wir zukunftsorientiert handeln. Weil wir die Fähigkeit besitzen, uns zu verändern, ohne unsere Wurzeln zu verlieren.

Eine große Stärke von WACKER ist das breite Spektrum von hoch entwickelten Produkten für die wichtigsten Schlüsselindustrien. Je weiter die Globalisierung voranschreitet und je mehr Menschen einen Zuwachs an Wohlstand erreichen, desto größer ist ihr Wunsch nach besseren Produkten für alle Lebensbereiche. Genau hier kommen wir mit unseren Qualitätsprodukten ins Spiel. Es gibt noch viele Märkte zu entwickeln, in die wir gerade einmal den ersten Fuß gesetzt haben.

In Deutschland liegt der Pro-Kopf-Bedarf für chemische Erzeugnisse bei etwa 1.500 Euro im Jahr. In China sind es etwa 150. Und in Indien rund 60 Euro. Diese Zahlen verdeutlichen: Wir besitzen hervorragende Perspektiven in den Wachstumsregionen. Und selbst in den etablierten Märkten, wo wir schon sehr gut unterwegs sind, gibt es genug Möglichkeiten, Marktanteile zu gewinnen. Die Chancen, die sich für uns überall auf der Welt bieten, werden wir mit all unserer Kraft wahrnehmen.

Unser Motto, das bei WACKER allgegenwärtig ist, heißt: „Creating tomorrow’s solutions.“ Um unseren selbstformulierten Anspruch immer wieder mit Leben zu erfüllen, müssen wir täglich daran arbeiten, denn die Zukunft verlangt ständig nach neuen Lösungen.

Das ist unser Antrieb. Begleiten Sie uns, als unsere Aktionäre, weiter auf diesem Weg. Für das Vertrauen und die gute Zusammenarbeit möchte ich auch im Namen meiner Vorstandskollegen allen unseren Kunden, Lieferanten herzlich danken, genauso wie unseren Aktionären für den offenen Dialog. Lassen Sie uns weiter gemeinsam die Zukunft von WACKER gestalten.

München, im März 2015

Dr. Rudolf Staudigl
Vorsitzender des Vorstands der Wacker Chemie AG