WACKER ist trotz der schwierigen Weltwirtschaftslage stabil durch das Geschäftsjahr 2009 gekommen. Natürlich hat auch bei uns der weltweit stärkste wirtschaftliche Einbruch der vergangenen Jahrzehnte Spuren hinterlassen. So ist der Umsatz zum ersten Mal seit fünf Jahren nicht gestiegen. Er verringerte sich um 13,5 Prozent auf 3,72 Milliarden Euro. Das EBITDA sank um 42,5 Prozent auf 606,7 Millionen Euro. Und im Jahresergebnis weisen wir mit 74,5 Millionen Euro sogar ein Minus aus.
Diese Zahlen spiegeln die starke operative Leistung, die wir im abgelaufenen Geschäftsjahr 2009 erbracht haben, aber nicht ganz wider. Bis auf die Siltronic, die ein Ergebnis erzielt hat, mit dem wir überhaupt nicht zufrieden sein können, haben wir in allen anderen Geschäftsbereichen ein operativ gutes EBITDA-Ergebnis erwirtschaftet. Der Geschäftsbereich WACKER POLYSILICON sprang erstmals über eine Milliarde Euro Umsatz und erreichte trotz anhaltenden Preisdrucks eine operative EBITDA-Marge von 51,1 Prozent. Die zwei größten Chemiebereiche von WACKER erzielten höhere EBITDA-Margen als im Rekordjahr 2008.
Überdeckt wird das operative Ergebnis durch Sondereffekte, die die Ergebnisentwicklung negativ beeinflusst haben. Dazu zählen unter anderem der Ausstieg aus dem Gemeinschaftsunternehmen WACKER SCHOTT Solar, Rückstellungen für Personalmaßnahmen in der Siltronic und bei WACKER SILICONES, Rückstellungen für Altersteilzeit und außerordentliche Pensionsrückstellungen. Alle diese Maßnahmen zusammen haben das EBITDA um 160 Millionen Euro gemindert. Im Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) haben wir zusätzlich ergebniswirksame Wertminderungen im Anlagevermögen in der Siltronic und bei WACKER SILICONES in Höhe von rund 176 Millionen Euro verbucht.
Wie gut wir die Krise bewältigt haben, zeigt sich bei den Themen Investitionen, Finanzen und Produkte. Unsere Investitionen sind im Geschäftsjahr 2009 unverändert hoch geblieben. Die Investitionsquote liegt bei rund 20 Prozent vom Umsatz. Wir haben 740 Millionen Euro vor allem in den Ausbau unserer Polysiliciumproduktion sowie den Aufbau unserer chinesischen Standorte Nanjing und Zhangjiagang investiert. Noch bemerkenswerter ist, dass wir diese hohen Investitionen fast vollständig aus dem operativen Brutto-Cashflow finanziert haben. Dank unseres konsequenten Liquiditätsmanagements hat WACKER nur geringe Finanzschulden. Im Umkehrschluss heißt das: Die finanzielle Verfassung des Unternehmens ist nach wie vor sehr gut.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat sich auch gezeigt, dass wir über ein differenziertes und vielfältiges Produktportfolio verfügen, mit dem es uns gelingt, Schwächen in einzelnen Bereichen abzufedern. Dies hat uns natürlich geholfen.
Ein zweiter Erfolgsfaktor sind unsere operativen und strukturellen Maßnahmen, die wir frühzeitig und auf breiter Front eingeleitet haben. Durch das schnelle Handeln haben wir unsere Kosten deutlich senken können. Bei den notwendigen Strukturmaßnahmen in einzelnen Bereichen haben wir erste positive Ergebnisse erzielt sowie wichtige Entscheidungen getroffen. Der Ausstieg aus dem Gemeinschaftsunternehmen WACKER SCHOTT Solar ist abgeschlossen, ebenso die Umstrukturierung im Geschäftsbereich WACKER SILICONES. Entschieden ist, dass wir die Siliconstandorte Duncan in den USA und Kempten in Deutschland innerhalb der nächsten 18 Monate schließen.
Ein dritter wichtiger Erfolgsfaktor liegt darin, dass wir unsere Finanzierung rechtzeitig und mittelfristig gesichert haben und wir damit über ausreichende Spielräume bei unseren weiteren Wachstumsplänen verfügen. WACKER kann auf genutzte und ungenutzte Kreditlinien in Höhe von 1,3 Milliarden Euro zurückgreifen.
Das Unternehmen WACKER ist schon immer dadurch geprägt, dass es großen Wert auf eine vorsichtige und vorausschauende Finanzpolitik legt. Wir haben deshalb im Geschäftsjahr 2009 eine außerordentliche Zuführung zu den Pensionsrückstellungen in Höhe von 47,9 Millionen Euro sowie Rückstellungen für Altersteilzeitangebote und das Einführen von Lebensarbeitszeitkonten gebildet. Wir tragen damit Vorsorge für voraussichtliche Entwicklungen, die uns in den nächsten Jahren belasten könnten.
Einen wesentlichen Beitrag, die schwierige wirtschaftliche Situation zu meistern, haben unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geleistet. Ihr hohes Maß an Flexibilität und ihre uneingeschränkte Bereitschaft, sich den besonderen Herausforderungen zu stellen, haben uns sehr geholfen. Dafür möchte ich unseren Mitarbeitern im Namen des gesamten Vorstands ausdrücklich danken.
Wenn wir uns die Ausgangssituation zu Beginn des Jahres vor Augen führen und es mit dem Ergebnis am Ende vergleichen, dann können wir feststellen: WACKER hat sich ordentlich geschlagen. Vorstand und Aufsichtsrat werden deshalb der Hauptversammlung im Mai 2010 vorschlagen, für das abgelaufene Geschäftsjahr eine Dividende in Höhe von 1,20 Euro auszuschütten. Wir sind daran interessiert, eine Dividendenpolitik zu betreiben, die sich durch Kontinuität auszeichnet und die die wirtschaftliche Verfassung des Unternehmens angemessen berücksichtigt.
Auch wenn die Rezession den tiefsten Punkt erreicht hat und die Weltwirtschaft langsam wieder wächst, liegt ein weiteres anspruchsvolles Jahr vor uns. Die spannende Frage bleibt, ob es zu einem selbsttragenden Aufschwung oder einer nachhaltigen Erholung der Nachfrage kommt. In den ersten Wochen des neuen Geschäftsjahres sehen wir zumindest, dass sich der Aufwärtstrend aus dem zweiten Halbjahr 2009 weiter fortsetzt und wir Volumenzuwächse verzeichnen.
Trotz dieser Entwicklung werden wir in allen Bereichen strikt auf unsere Kosten achten. Die Strukturmaßnahmen in der Siltronic werden wir im Jahr 2010 unverändert fortsetzen, da wir mit der Ertragslage nicht zufrieden sind. Bis zum Jahr 2011 sollen hier jährlich 50 Millionen Euro Kosten eingespart werden. Dieses Ziel werden wir konsequent verfolgen.
Weiter wachsen werden die so genannten BRIC-Staaten, hier vor allem Indien und China. Damit setzt sich das fort, was wir seit geraumer Zeit beobachten: Wachstumsimpulse kommen in erster Linie aus Asien. Die wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse der wichtigsten Wirtschaftsregionen werden sich damit weiter verändern. WACKER ist darauf gut vorbereitet. In diesem Jahr werden wir gemeinsam mit unserem Partner Dow Corning in Zhangjiagang die größte Siloxananlage der Welt in Betrieb nehmen. Die starke Präsenz eröffnet uns neue Geschäftspotenziale für die Zukunft. WACKER ist mittlerweile ein anerkannter Geschäftspartner vor Ort, der die Bedürfnisse der lokalen Kunden kennt. Künftig werden wir noch stärker Produkte und Lösungen entwickeln, die auf die Anforderungen dieser Kunden zugeschnitten sind.
Insgesamt geht WACKER in das Geschäftsjahr 2010 aus einer Position der Stärke und ist zuversichtlich für die Zukunft. Die Megatrends, von denen wir profitieren, sind nach wie vor intakt. Die finanzielle Verfassung ist ausgesprochen gut. WACKER hat nur geringe Finanzschulden, verfügt über ausreichende Kreditspielräume, das weitere Wachstum zu finanzieren, und hat eine gesunde Eigenkapitalausstattung. Unser umfassendes Produktions- und Anlagen-Know-how, unsere Qualitäts- und Kostenführerschaft bei vielen Produkten und unsere langfristigen Kundenbeziehungen sind weitere Trümpfe, um erfolgreich zu sein.
Wir sind zuversichtlich, dass wir im Geschäftsjahr 2010 unseren Umsatz wieder steigern und einen deutlich positiven Jahresüberschuss erzielen werden.
Das Fundament, auf dem wirtschaftlicher Erfolg wächst, ist die vertrauensvolle und verlässliche Zusammenarbeit inner- und außerhalb des Unternehmens. Für das Vertrauen, das unsere Aktionäre, Kunden und Lieferanten uns entgegengebracht haben, möchte ich mich auch im Namen meiner Vorstandskollegen herzlich bedanken. Es ist für uns der Ansporn, alles zu tun, damit das Unternehmen WACKER langfristig erfolgreich bleibt.
München, im März 2010
Dr. Rudolf Staudigl
Vorsitzender des Vorstands der Wacker Chemie AG