Forschung und Entwicklung
Mit seiner Forschung und Entwicklung (F&E) verfolgt WACKER drei Ziele:
- Wir suchen nach Lösungen für die Bedürfnisse unserer Kunden, um einen Beitrag zu deren Markterfolg zu leisten.
- Wir optimieren unsere Verfahren und Prozesse, um in der Technologie führend zu bleiben und nachhaltig zu wirtschaften.
- Wir konzentrieren uns darauf, innovative Produkte und Anwendungen für neue Märkte zu schaffen sowie Zukunftsfelder zu bedienen – wie Energiespeicherung, Erzeugung regenerativer Energie, Elektromobilität, modernes Bauen und Biotechnologie.
Die F&E-Quote – das Verhältnis der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen zum Konzernumsatz – liegt mit 3,6 Prozent (2023: 2,9 Prozent) über dem Vorjahr. Die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung sind gestiegen.
Mio. € |
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2024 |
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2023 |
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2022 |
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2021 |
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2020 |
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Forschungs- und Entwicklungskosten |
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203,7 |
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184,1 |
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178,4 |
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164,2 |
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156,6 |
Unser Patentportfolio umfasst weltweit rund 3.100 aktive Patente sowie 1.100 laufende Patentanmeldungen. Know-how von Dritten lizenzieren wir lediglich in geringem Umfang. Bei Forschungskooperationen, beispielsweise mit Hochschulen, tragen wir dafür Sorge, dass uns die Ergebnisse in der Regel mittels Übertragung der Nutzungsrechte zugänglich sind.
Im Jahr 2024 investierte WACKER 17,2 Mio. € in F&E-Einrichtungen (2023: 18,1 Mio. €). Wir haben in Labore und deren Ausstattung investiert sowie in Pilotreaktortechnologien und Pilotanlagen. Am Standort Burghausen haben wir eine Pilotanlage zur Herstellung eines neuen Produkts für wärmeleitfähige Füllstoffe aufgebaut. In Halle haben wir das Kompetenzzentrum für mRNA-Wirkstoffe in Betrieb genommen. Unsere zentrale Forschung bündelt und intensiviert die Forschungsaktivitäten im Bereich Biotechnologie durch die Investition in ein neues Biotechnology Center am Standort des Consortiums für elektrochemische Industrie in München. In der zentralen Forschung haben wir zudem die Fermentationsanlagen erweitert.
Investitionen in F&E-Einrichtungen
Die Zukunftsfelder, in denen WACKER tätig ist, sind insbesondere Medizin und Biotechnologie, Energie, Elektronik, Automobil, Consumer Care und Ernährung sowie Bauanwendungen. Besonderes Augenmerk legen wir auf effizienten Energieeinsatz, Energiespeicherung und Erzeugung regenerativer Energie. Wir prüfen den Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen und Kohlendioxid in unserer Wertschöpfungskette. Ein Großteil der F&E-Aufwendungen entfiel darauf, Produkte und Produktionsverfahren zu erforschen.
Struktur der F&E-Aufwendungen
Forschungs- und Entwicklungsarbeit auf zwei Ebenen
WACKER forscht und entwickelt auf zwei Ebenen: im Zentralbereich Forschung und Entwicklung (F&E) sowie dezentral in den Geschäftsbereichen, die anwendungsnah forschen und entwickeln. Der Zentralbereich F&E koordiniert diese Arbeiten unternehmensweit und bindet andere Bereiche ein.
Kooperation mit Kunden und Forschungseinrichtungen
Wir kooperieren mit Kunden, wissenschaftlichen Instituten und Universitäten, um schneller und effizienter Forschungserfolge zu erzielen. Die Themen unserer Kooperationen sind unter anderem CO2-Elektrolyse, Recycling, Bauanwendungen sowie Biokatalysatoren.
Die Wacker Chemie AG und die Technische Universität München (TUM) haben mit der Gründung des TUM WACKER Institute for Industrial Biotechnology ihre Partnerschaft vertieft. Ziel ist es, die Forschung in der industriellen Biotechnologie in Deutschland auf internationalem Spitzenniveau weiterzuentwickeln. Als Basis für nachhaltiges Wirtschaften sollen neue Ansätze für die Herstellung von Produkten für die Pharma-, Lebensmittel- und Chemieindustrie aus nachwachsenden Rohstoffen erforscht werden. WACKER fördert die Forschung am Institut seit 2022 über eine Vertragslaufzeit von sechs Jahren mit mehr als 6 Mio. €.
Forschungsarbeit bei WACKER
In der F&E waren im Jahr 2024 konzernweit 956 Mitarbeitende beschäftigt (2023: 906). Dies entspricht 5,7 Prozent der Mitarbeitenden (2023: 5,5 Prozent). Davon arbeiteten 686 Personen bei der F&E in Deutschland und 270 im Ausland.
Alexander Wacker Innovationspreis
Den mit 10.000 € dotierten Alexander Wacker Innovationspreis verleihen wir seit dem Jahr 2006 für herausragende Forschungsleistungen. Im Berichtsjahr prämiert wurde ein Projektteam aus China für die erfolgreiche Direktvermarktung von Silicondichtstoffen auf B2C-Online-Marktplätzen. Das Team nutzte Social Media-Marketing und entwickelte ein Geschäftsmodell, um den Online-Absatz von Alkoxy-Silicondichtstoffen zu steigern.
Themen der zentralen Forschung und Entwicklung
Im Fokus unserer zentralen Konzernforschung stehen Projekte, die nachhaltige Themen voranbringen, beispielsweise Kreislaufwirtschaft, siliciumhaltige Batteriematerialien und Elektrolyseverfahren. Wir forschen am Einsatz nachhaltiger Rohstoffe, um den CO2-Fußabdruck unserer Produkte kontinuierlich zu verringern. Ein Schwerpunkt unserer Aktivitäten ist die biotechnologische Forschung, bei der wir zunehmend automatisiert und digitalisiert arbeiten. In der Fermentation erfassen wir umfangreiche Prozessdaten, um Verfahren computergestützt zu simulieren und zu optimieren. In der Mikrobiologie setzen wir zwei Schwerpunkte: Zum einen entwickeln und verbessern wir Technologien zur Produktion von Proteinen und Nukleinsäuren (DNA, pDNA, RNA) für die Pharmabranche. Zum anderen erforschen wir Produktionssysteme für neue Inhaltsstoffe von Lebensmitteln mittels Fermentation und Biotransformation, beispielsweise zur Herstellung von Zellkulturfleisch („Cultivated Meat“).
Forschungsprojekte der Geschäftsbereiche
Das Thema Nachhaltigkeit rückt im Geschäftsbereich Silicones immer mehr in den Mittelpunkt. Wir ersetzen Lösemittel durch unbedenkliche, abbaubare Lösungen oder vermeiden sie vollständig mit einem Fokus auf wässrige Systeme. Zunehmend verwenden wir nachwachsende Rohstoffe und arbeiten an Alternativen zu Fluorcarbonen in Beschichtungen, Textilapplikationen und Trennmitteln. Wir beschäftigen uns mit dem Recycling von Siliconen durch hydrothermalen Abbau oder Acidolyse und entwickeln unsere Siliconharze für Hochleistungswerkstoffe mit sehr hoher Langlebigkeit weiter. Stichwort „Carbon Capturing“: Einen nachhaltigen Schwerpunkt legen wir darauf, Kohlenstoff auf der Oberfläche von Kieselsäure-Formkörpern einzufangen. Konsequent nutzen wir abbaubare Formulierungskomponenten in Kosmetik und Haarpflegemitteln. Die Produktpalette des Geschäftsbereichs Silicones entwickeln wir kontinuierlich weiter, um den Cyclengehalt auf ein Minimum zu reduzieren. Einen Fokus setzen wir darauf, Formulierungen schneller und effizienter mittels Machine Learning und künstlicher Intelligenz zu gestalten. Wir kombinieren die Chemie von Siliconen mit neuen Technologien wie Flow Chemistry, Elektronenstrahlen, Hochdruckhomogenisation und Gas Atomizing. Darüber hinaus produzieren wir Silicon-Kunstleder mit widerstandsfähigen Eigenschaften. Für die medizinische Industrie entwickeln wir Klebstoffe, die auf einer Kombination von Siliconen mit organischen Polymeren basieren.
Der Geschäftsbereich Polymers konzentriert sich auf die Forschung und Entwicklung nachhaltiger, funktionaler Polymerbindemittel für die Baubranche und für die Produktion von Konsumgütern. Wir bewerten und optimieren unsere Produktpalette ständig anhand von Nachhaltigkeitskriterien. Einen Schwerpunkt legen wir darauf, in Produktionsprozessen nachwachsende Rohstoffe zu verwenden. Wir entwickeln Lösungen für die Kreislaufwirtschaft, zum Beispiel Bindemittel mit einem hohen Anteil an nachwachsenden Rohstoffen. Während des Berichtszeitraums eingeführt haben wir funktionalisierte Polymerdispersionen, Dispersionspulver, Harze, nachhaltige Bindemittel für Klebstoffe sowie zementbasierte Baumaterialien. Der Bereich Polymers hat effiziente Produkte im Bereich Papier-Papier-Verklebung auf den Markt gebracht, mit denen wir den Trend „Plastic to Paper“ unterstützen. Einen Fokus legen wir darauf, unsere Produkt- und Produktionstechnologien weiterzuentwickeln, um sowohl in unseren Prozessen als auch in denen unserer Kunden Energie einzusparen.
Der Geschäftsbereich Biosolutions stärkt seine biotechnologischen Kompetenzen für Biopharma und Nahrungsmittel. Wir bieten unseren Kunden Technologien zur Produktion von Plasmid-DNA (pDNA) sowie für verschiedene Klassen von Pharmaproteinen an. Am Standort Amsterdam und am im Berichtsjahr eröffneten mRNA-Kompetenzzentrum in Halle können wir für Pharmakunden mRNA-basierte Wirkstoffe gemäß Good Manufacturing Practice (GMP) produzieren. Damit begleiten wir unsere Partner von der präklinischen Entwicklung bis hin zur kommerziellen Produktion nach den GMP-Qualitätsrichtlinien. Im Nahrungsmittelbereich konzentriert sich der Bereich Biosolutions weiter auf fermentative Verfahren zur Produktion hochwertiger, biobasierter Inhaltsstoffe. Wir bieten unseren Kunden aus der Lebensmittel- und Kosmetikindustrie nachhaltige und nicht auf Petrochemie basierende Aminosäuren, Vitamine, Saccharide sowie Geschmacks- und Geruchsstoffe an. Am Standort León können wir eigene Herstellprozesse und Prozesse von Kunden im industriellen Maßstab und unter den erforderlichen Qualitätsregimen umsetzen. Wir arbeiten weiter mit Partnern an Produktionstechnologien für Zellkulturfleisch („Cultivated Meat“) und liefern dazu hochwertige Komponenten. Auf dem Gebiet der Cyclodextrine entwickeln wir mit Partnern Anwendungen für die Lebensmittelbranche, Landwirtschaft und Pharmazie weiter.
Um das Potenzial von modernen Mikrochips auszuschöpfen, benötigt die Halbleiterindustrie ultrareines Polysilicium. Der Geschäftsbereich Polysilicon hat dafür mehrere Forschungsprojekte angestoßen. Einige betreffen die im Bau befindliche Fertigungslinie am Standort Burghausen, wo künftig Polysilicium für modernste Chip-Technologien und Hochleistungsanwendungen hergestellt wird. Zum Ausbau der Qualitätskontrolle wurde im Berichtsjahr das Projekt Quality LeaP (Quality Leadership in Polysilicon) intensiviert. Mit derart reinem Polysilicium ist in Zukunft auch die Herstellung von 3-nm-Chips und kleiner für Computeranwendungen im Bereich der künstlichen Intelligenz für Datenzentren sowie für autonomes Fahren möglich. Auch bei Solarmodulen gilt: Hohe Zellwirkungsgrade können nur mit höchstreinem Polysilicium erzielt werden. Referenzstudien wie die International Technology Roadmap for Photovoltaics (ITRPV) weisen für monokristalline Solarzellen mit P-Typ-PERC-Technologie (Passivated Emitter Rear Cell) Wirkungsgrade von über 23 Prozent aus. Sogenannte N-Typ-TOPCon-, Heterojunction- oder Interdigitated-Back-Contact-Solarzellen erreichen Wirkungsgrade von über 25 Prozent. Solche Hochleistungssegmente setzen eine besonders hohe Qualität des Polysiliciums voraus. Der Bereich Polysilicon trägt den steigenden Qualitätsansprüchen in der Solarindustrie Rechnung, indem es seine Herstellungsprozesse laufend weiterentwickelt. Der Geschäftsbereich ist Mitglied der Initiative Alliance for Ultra Low Carbon Solar (ULCSA), die sich für den Einsatz von Photovoltaikkomponenten mit einem niedrigen CO2-Fußabdruck engagiert.