...// 04 BerichtDamit WACKER in einem solch großen und wichtigen Markt wie China mit seinen Produkten akzeptiert wird, ist es notwendig, eigene Produktionskapazitäten aufzubauen – wer global Geschäfte machen will, muss sich lokal in den Märkten verankern, ist die Philosophie von WACKER. „Wir arbeiten nach globalen Standards in Sachen Umweltschutz oder Arbeitssicherheit. Aber wenn wir unsere Kunden zufrieden stellen wollen, denken wir eindeutig regio nal oder lokal“, sagt Dr. Rudolf Staudigl, Vorsitzender des Vorstands von WACKER. Dass WACKER dabei einen ungewöhnlichen Weg eingeschlagen hat, überrascht nicht: Es zeigt die vielen Möglichkeiten von Globalität. Was in Singapur bereits mit dem koreanischen Partner Samsung im Halbleiterbereich gut funktioniert hat, wiederholt sich hier mit dem amerikanischen Wettbewerber Dow Corning. Gemeinsam bauen beide im wichtigsten Wachstumsmarkt für Silicone einen integrierten Chemiestandort auf. Wenn die volle Kapazität des Werkes in Zhangjiagang bis Ende 2010 erreicht ist, sollen hier zusammen rund 210.000 Tonnen Siloxan und pyrogene Kieselsäuren pro Jahr produziert werden. An den sonnigen Herbsttag im Jahr 2003 erinnert sich Dr. Udo Horns noch sehr gut. An diesem Tag steht er im weißen Hemd und dunklen Schlips auf einer gewaltigen Brache in einem Industriepark im chinesischen Zhangjiagang, inmitten wild durcheinanderwachsender Gräser und Erdnusspflanzen. Einige Hundert Meter hinter ihm ist ein Deich zu sehen, der den gewaltigen, kilometerbreiten Jangtse bändigt. Horns hebt ein Stöckchen auf und zeigt Richtung Westen. „Dort bauen wir die Rohrbrücken, dort das Lager und die Verwaltung, dort die Mahlwerke und Öfen“, sieht der heute 53-Jährige die Anlagen vor seinem geistigen Auge auftauchen. „So wie der Häuslebauer auf seinem Grundstück steht und sagt, hier kommt das Wohnzimmer hin, dort die Küche, sehe ich Industrieanlagen vor mir“, sinniert der studierte Chemiker. Die Vision von Udo Horns ist heute Wirklichkeit. Der Manager, der seit zehn Jahren für WACKER arbeitet, hat in Zhangjiagang das Joint Venture mit dem US-Konzern Dow Corning vorangetrieben. Das Ergebnis: Im November 2008 nahmen die Unternehmen die erste Ausbaustufe ihrer neuen Produktionsanlagen für pyrogene Kieselsäuren und Siloxan in Betrieb. Die Gesamtinvestition auf dem eine Million Quadratmeter großen Grundstück beträgt 1,2 Milliarden US-Dollar. WACKER engagiert sich auf diese Weise auf dem wichtigen chinesischen Wachstumsmarkt nicht nur mit Service und Vertrieb, sondern mit einer eigenen Produktion. Gut angelegtes Geld, findet Horns. „Man kann leicht erkennen, welche großen Chancen China für unsere Produkte bietet, wenn sich die chinesische Gesellschaft weiter so rasant entwickelt.“ Auch in China werden mit steigendem Pro-Kopf-Einkommen immer mehr hochwertige Güter gekauft, die einen höheren Anteil an Siliconen haben, rechnet Horns an einem einfachen Zahlenspiel vor: In den USA liegt der Siloxanverbrauch pro Jahr zum Beispiel für Kosmetik, Körperpflege, Automobilbau oder Haushaltsgüter bei zwei Kilogramm, in Deutschland bei 1,2 Kilogramm – in China hingegen noch bei nur zehn Gramm. Effiziente Verwertung. Obwohl WACKER und Dow Corning nicht nur in China Konkurrenten sind, arbeiten sie in einem einzigartigen Projekt zusammen – in Zhangjiagang fertigen die Unternehmen bestimmte Rohmaterialien, die für den Downstream-Prozess in China benötigt werden. Wenn es dann darum geht, daraus Produkte herzustellen, gehen beide wieder getrennte Wege. WACKER profitiert vor allem davon, dass diese Siloxananlage auf Grund ihrer schieren Größe die Produktions- und Infrastrukturkosten senkt. Dow Corning wiederum nutzt den Vorteil, dass WACKER den Prozess der Herstellung pyrogener Kieselsäure perfekt beherrscht. Dieses Produkt wird aus den Abfällen der Siloxanproduktion hergestellt. So entsteht ein Kreislauf, der 90 Prozent der Nebenprodukte verwertet, die sonst zu entsorgen wären. Das Dinner als Problemlöser. Gelenkt wurde das gesamte Projekt von einem so ge nannten Steuerungskomitee und den verschiedenen Arbeitsteams. Die Runden, die sich bis zu viermal im Jahr trafen, verabschiedeten Investitionsbudgets und klärten Fragen zu Steuern und Auflagen – ein besonders wichtiges Thema in China: „Hier braucht man ein spezielles Team, das den Kontakt zu allen Behörden und staatlichen Stellen hält“, erklärt Horns. Steuern und Landpreise sind verhandelbar, auch über Zölle oder Brandschutzbestimmungen wird viel diskutiert. Dazu treffe man sich gerne zum Essen, das in China einen besonderen Stellenwert habe, erzählt er. „Ich habe sicherlich zwei, drei Mal in der Woche in unterschiedlichen Runden beim Abendessen gesessen und über das Werk geredet.“ Horns ist davon überzeugt, dass es nicht reicht, einfach die Gesetze und Vorschriften der Länder anzunehmen, die man mit seinen Produkten bedienen will. Globalisierung funktioniert nur dort, wo sich Unternehmen auf die Grundlage der Kultur und Tradition des Landes stellen, in das sie gehen. In Zhangjiagang, davon ist er überzeugt, ist das gelungen. „Wir haben hier den besten Produktionsverbund geschaffen, den ich mir in der Theorie vorstellen kann“, sagt er, während er mitten im Werk an ungefähr derselben Stelle steht, wo er fünf Jahre zuvor auf Büsche und trockene Erde gezeigt hat. Auch wenn die Produktion in einigen Jahren auf Hochtouren läuft, will Horns ab und zu wiederkommen. „Wenn man so etwas aufbaut, hängt man auch daran und will wissen, wie es weitergeht.“ |
[Segment] WACKER SILICONES bietet mehr als 3.000 Siliconprodukte an und gehört zu den führenden Silan- und Siliconherstellern. 3.927 Mitarbeiter sind in dem Geschäftsbereich weltweit beschäftigt. WACKER SILICONES erzielte 2008 1,40 Mrd. € Umsatz und ein EBITDA von 167,9 Mio. €. Denny Klein und Dr. Udo Horns (rechts) unterhalten sich am Abend in einem Park. [Markt] China ist die Nummer zwei in Asien beim Bedarf an Siliconen. Der Markt wächst schnell. In den kommenden Jahren werden immer mehr Menschen über mehr Einkommen verfügen und höherwertige Güter kaufen, die wiederum einen höheren Anteil an Siliconen haben. WACKER erwartet in wenigen Jahren einen chinesischen Jahresbedarf von 0,5 Mio.Tonnen Siloxan. [Produktion] In Zhangjiagang werden aus Rohsilicium, Chlormethan und Wasser in verschiedenen Schritten Silicone, Spezialsilicone und pyrogene Kieselsäure hergestellt. Bei dem Prozess wird wiederum Chlorwasserstoff freigesetzt, der wieder in den Anfangsprozess aufgenommen oder mit Silicium, mit Alkohol und schließlich mit Wasser zur Reaktion gebracht wird. Ein chinesischer Arbeiter im Pausenraum. Der neue WACKER-Standort in Zhangjiagang. [Ungewohnte Strukturen] Selbstständigkeit hat Tradition in China: Viele Chinesen möchten gerne Chef eines eigenen Unternehmens oder zumindest eines Teams sein. WACKER geht darauf ein, indem die Unternehmensstruktur in China mehr Hierarchieebenen als in Deutschland aufweist, erklärt Dr. Udo Horns. „Globalität heißt für uns auch Diversifizierung.“ Abendstimmung im Stadtzentrum. [Produkte] Siloxan ist ein Grundstoff für Silicone, die in Branchen wie Bau, Chemie, Kosmetik, Textilien, Automobil bau, Papier und Elektronik eingesetzt werden. Pyrogene Kieselsäuren werden als Grundstoff für weitere chemische Prozesse und in Druckfarben, Klebstoffen und Polyesterharzen sowie in der Kosmetik-, Pharma- und Lebensmittel industrie verwendet. |
Wachsen, wo die Nachfrage steigt. Im wichtigsten Wachstumsmarkt China wird die weltweit größte integrierte Produktionsanlage errichtet.
20:45 Uhr ...
Zhangjiagang, China