Der Marktzugang gelingt nur vor Ort, speziell in Asien

Dr. Christian Hartel ist Leiter des Geschäftsbereichs WACKER SILICONES. Vor einem Jahr hat die Sparte einen intensiven Ausbau ihrer Aktivitäten in Asien begonnen. Im Interview spricht er von den ersten Erfolgen – und den Schritten, die noch folgen.

Herr Dr. Hartel, wie soll das Silicongeschäft weiter wachsen?

Wir haben in den vergangenen Jahren bereits sehr viel in unsere Produktionskapazitäten für die Herstellung von Vorprodukten, vor allem für unser Hauptvorprodukt Siloxan, investiert. Nun geht es darum, diese Kapazitäten durch lokale Anlagen zur Herstellung von nachgelagerten Produkten effizient zu nutzen, also mit unseren Fertigprodukten weiter zu wachsen. Kern der Strategie ist, dass wir in Asien, aber auch anderswo das Geschäft mit Spezialitäten gezielt ausweiten. Wir wollen pro Silicium-Atom mehr Wertschöpfung erzielen. Unterstützt wird das durch eine gleichzeitige Optimierung unseres weltweiten Produktionsverbunds.

Wie steht WACKER SILICONES in Asien heute da?

WACKER hat sich bei den Siliconen in den letzten Jahren eine Nummer zwei Position global erarbeitet. In Asien haben wir noch nicht diese Position erreicht, hier sehen wir also noch ein ganz erhebliches Wachstumspotenzial für unser Geschäft. In einigen südostasiatischen Ländern wie Thailand und Vietnam, aber auch im bevölkerungsreichen Indien spielen Siliconprodukte noch eine deutlich geringere Rolle im Alltag der Menschen als etwa in Europa oder den USA. Daher haben wir jetzt ganz konsequent ein eigenes Business Team für Asien aufgebaut – so wie wir das in China schon seit fünf Jahren haben.

Was ändert sich dadurch?

Wir sind dadurch in der Region präsenter und schneller. Wir brauchen einfach mehr Geschwindigkeit, um diese Märkte erfolgreich zu erobern. Aus Europa allein können wir das nicht leisten. Wichtig ist die Kompetenz vor Ort. Wir müssen verstehen, wie die Märkte ticken. Dann können wir die richtigen Produkte entwickeln und einen lokalen Zugang zu den Kunden aufbauen. Gerade der Marktzugang, das zentrale Thema, gelingt nur vor Ort.

Warum?

Weil die technischen Anforderungen oft anders sind. Da haben wir uns mit europäischen Maßstäben in der Vergangenheit schwergetan. Kollegen aus Indien verstehen zum Beispiel viel besser, welche Eigenschaften Produkte in Indien und Südostasien haben müssen, damit sie sich dort verkaufen. Da geht es nicht in erster Linie um die technisch beste Lösung. Was zählt, ist, Kundenanforderungen in enger Kooperation schnell zu erfüllen und letztlich, damit Geld zu verdienen.

„Wir müssen verstehen, wie die Märkte ticken.“

Dr. Christian Hartel,
Leiter des Geschäftsbereichs WACKER SILICONES

Was bedeutet das für die Organisation?

In Asien sind wir nun mit fünf neuen Business Teams seit Beginn des Jahres 2013 unterwegs. Das Team für Textilanwendungen und Consumer Care sitzt in Mumbai, weil wir dort die größte Kompetenz für dieses Geschäft haben. Das Geschäft mit Siliconkartuschen betreuen wir von Südkorea aus, wo wir auch eine eigene Kartuschenproduktion haben. Elastomere sind in Singapur angesiedelt. Die Business Teams dort kümmern sich um Marketing, Kundenbetreuung und die Entwicklung neuer Produkte in Asien. Die Kollegen brennen darauf, mehr Verantwortung als bisher fürs Geschäft zu übernehmen.

Und China?

China hat eine Sonderrolle, weil es der wichtigste und größte Markt in Asien ist. Wir gehen davon aus, dass der chinesische Siliconmarkt 2020 unseren Heimatmarkt Europa überflügeln wird. Deswegen haben wir Produktion, Vertrieb und lokale Entwicklung dort bereits stark ausgebaut.

Wie funktioniert der Wissenstransfer nach Asien?

Dabei helfen uns zwei neue Teams – die globale Produktentwicklung und das globale Business Development. Sie haben die Aufgabe, unser Know-how und unsere Kompetenz in Asien aufzubauen und den weltweiten Austausch, die Kommunikation voranzutreiben. Im Idealfall ist es so, dass unser Anwendungstechniker in Asien seinen Kollegen in den USA kontaktiert, wo der Experte für eine bestimmte Anwendung ist. In der Realität ist es heute manchmal noch so, dass die Kollegen nicht wissen, wen sie anrufen können. Mit diesen beiden Teams wollen wir das in Zukunft ändern, um mehr in Richtung eines globalen Netzwerks von Experten zu kommen.

Wie verändert die Regionalisierung das globale Geschäft?

Das können Sie ganz gut am Beispiel Indien sehen. Dort sind wir schon länger mit einem Gemeinschaftsunternehmen und einer starken lokalen Mannschaft im Markt unterwegs. Wir haben es dort geschafft, Silicone für Anwendungen in indischen Produkten im Konsumgüterbereich (Shampoos, Spülungen) eines multinationalen Konsumgüterherstellers zu entwickeln. Dabei hatten wir vorher gar keine Geschäftsbeziehungen zu diesem Unternehmen. Heute produzieren wir weltweit für den Konzern, in China, Indien, Deutschland und in Brasilien. Aus dieser lokalen Partnerschaft hat sich ein globales Geschäft entwickelt.