Sehr geehrte Damen und Herren Aktionäre,
WACKER hat ein bewegtes und schwieriges Geschäftsjahr hinter sich. Obwohl wir im Jahr 2013 im Polysiliciumgeschäft neue Mengenrekorde aufgestellt haben, sind der Umsatz und das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) unter dem Vorjahr geblieben. Die niedrigen Preise für Polysilicium sowie anhaltender Preisdruck im Halbleitergeschäft sind wesentlich verantwortlich für diesen Rückgang. Insgesamt haben Preiseffekte den Konzernumsatz um rund 360 Millionen Euro gemindert. Das Chemiegeschäft war stabil, es fehlte allerdings der Rückenwind durch die Konjunktur, um hier weiter zu wachsen. Mit 4,48 Milliarden Euro blieb der Umsatz um gut drei Prozent unter dem Vorjahr. Das EBITDA fiel mit 679 Millionen Euro um rund 15 Prozent geringer aus.
Wir haben im vergangenen Jahr unsere Ressourcen gezielt gesteuert und unsere Kosten über alle Unternehmensbereiche hinweg gesenkt. Dadurch ist es uns gelungen, den negativen Einfluss der Preiseffekte auf den Konzernumsatz und das EBITDA zu begrenzen. Die Kostenersparnis von rund 225 Millionen Euro hat einen wesentlichen Beitrag geleistet. Positiv ausgewirkt haben sich dabei auch die höheren Produktionsmengen.
Besser als von uns zu Beginn des Jahres erwartet haben sich der Netto-Cashflow und die Nettofinanzschulden entwickelt. Niedrigere Investitionen und konsequentes Management unserer Vorräte haben zu diesem guten Resultat geführt. Die Nettofinanzschulden blieben mit knapp 800 Millionen Euro deutlich unter der Schwelle von einer Milliarde Euro.
In einem außergewöhnlich herausfordernden Umfeld haben wir uns respektabel schlagen können. Aufsichtsrat und Vorstand werden der Hauptversammlung im Mai eine Dividende in Höhe von 0,50 Euro vorschlagen.
Großen Anteil an den Leistungen des Unternehmens im vergangenen Jahr haben unsere Mitarbeiter. Für die besonderen Anstrengungen, die jeder Einzelne unternommen hat, danke ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, auch im Namen meiner Vorstandskollegen.
Viel Bewegung gab es auf dem Photovoltaikmarkt. Der Konsolidierungsprozess hat sich weiter fortgesetzt. Nach wie vor existieren Überkapazitäten in der gesamten Wertschöpfungskette. Trotz dieser Probleme überwogen aber die positiven Entwicklungen. Der Markt ist weiter gewachsen. Die Installation neuer Solaranlagen ist auf 39 Gigawatt gestiegen. In immer mehr Ländern der Erde setzt sich die Solarenergie als umweltfreundliche und absolut wettbewerbsfähige Energiequelle durch. Von diesem Mengenwachstum haben wir profitiert und konnten zudem Marktanteile dazugewinnen.
Ein wichtiges Signal für die künftige positive Entwicklung des Marktes war die Einigung im Solarstreit zwischen der Europäischen Union und China in Bezug auf die Importe chinesischer Solarmodule und -zellen nach Europa. Nicht zufrieden sind wir allerdings darüber, dass es immer noch keine Einigung im Streit über Strafzölle für Polysiliciumlieferungen aus Europa nach China gibt. Wir setzen uns hier auf allen politischen Entscheidungsebenen mit Nachdruck für eine dauerhaft tragfähige Lösung ein.
Enttäuschend hat sich der Markt für Siliciumwafer entwickelt. Der erwartete Mengenanstieg im zweiten Halbjahr ist ausgeblieben, der Preisdruck hat auch durch die Wechselkursvorteile unserer japanischen Wettbewerber unverändert angehalten. Mit der Übernahme der Mehrheit am Gemeinschaftsunternehmen mit Samsung zu Beginn des neuen Geschäftsjahres stärken wir – entsprechend unserer Strategie – das Geschäft mit 300 mm Siliciumwafern in der Region Asien.
Das Chemiegeschäft war unter dem Strich stabil. Dank höherer Absatzmengen konnten wir den bestehenden Preisdruck ausgleichen. Vor allem bei Siliconprodukten war die Nachfrage hoch. Hier haben wir Marktanteile gewonnen und sind jetzt weltweit erstmals die Nummer 2 in diesem Geschäft. Etwas schwächer entwickelte sich dagegen das Geschäft mit Dispersionen. Insgesamt blieb der Umsatz auf Vorjahresniveau, das EBITDA hat sich spürbar erhöht.
Das Jahr 2013 markiert einen Wendepunkt in der Investitionsausrichtung von WACKER. In der Zeit von 2005 bis 2012 haben wir sehr viel Kapital in den Ausbau unserer weltweiten Produktionskapazitäten investiert. Es sind große Anlagen für die Herstellung von Vorprodukten entstanden, die das weitere Wachstum und unsere globale Präsenz in wichtigen Märkten sicherstellen. Diese Investitionen sind bis auf den neuen Polysiliciumstandort in Charleston im US-Bundesstaat Tennessee so gut wie abgeschlossen.
Bis 2017 werden sich unsere Investitionen verringern und unter den Abschreibungen liegen. Und auch der Investitionsschwerpunkt verlagert sich. In den nächsten Jahren werden wir neben der Fertigstellung des Produktionsstandortes im US-Bundesstaat Tennessee vor allem Anlagen zur Herstellung von Fertigprodukten bauen, die eine wesentlich geringere Kapitalintensität haben. Verbunden damit ist der Ausbau unserer Marktanteile mit höherwertigen Produkten in den Anwendungsgebieten Automobiltechnik und Energie, Elektronik, Medizin, Gesundheits- und Körperpflege.
Im Mittelpunkt dieser Wachstumsstrategie steht, eine höhere Profitabilität in unserem operativen Geschäft zu erreichen und einen kontinuierlichen positiven Netto-Cashflow auszuweisen. Begleitet wird diese Strategie durch ein striktes Kostenprogramm in allen Unternehmensbereichen.
Die strategische Fokussierung, die wir erstmals auf dem Capital Markets Day im Juli 2013 in London vorgestellt haben, ist von Analysten, Investoren und anderen Kapitalmarktteilnehmern durchweg positiv aufgenommen worden und bestärkt uns darin, den eingeschlagenen Weg konsequent weiterzugehen.
Nach zwei herausfordernden Jahren sehen wir dem laufenden Geschäftsjahr optimistischer entgegen. In allen unseren Geschäftsbereichen erwarten wir steigende Mengen und Umsätze. Auch unser EBITDA soll in diesem Jahr wieder zulegen. Wir werden hart dafür arbeiten, diese Ziele zu erreichen.
Auch wenn unsere Nettofinanzschulden sich weiter erhöhen, behalten die Grundzüge unserer Finanzpolitik ihre Gültigkeit. Wir setzen auf ein starkes Finanzprofil mit einer guten Kapitalstruktur und einer gesunden Fälligkeitsstruktur unserer Finanzschulden.
In diesem Jahr wird WACKER 100 Jahre alt. Unser Unternehmen steht für Innovationen, hohe Qualität und guten Service sowie finanzielle Stabilität. Und für Menschen, die zuverlässig, mit großem Einsatz und einer beeindruckenden Identifikation über drei Generationen hinweg für den Erfolg des Unternehmens stehen.
Bei all dieser Kontinuität gibt es eine Tugend, die WACKER immer ausgezeichnet hat: der Mut zur Veränderung. Zu neuen Ufern aufbrechen. So wie wir das gerade mit unserem neuen Produktionsstandort in Tennessee tun.
Ich bin jedenfalls optimistisch, dass WACKER mit dieser Mischung aus Kontinuität und Modernität auch in den nächsten Jahrzehnten vor einer guten Zukunft steht. Wir werden alles tun, um die Chancen, die sich dabei für uns bieten, erfolgreich wahrzunehmen. Wir sind davon überzeugt, dass wir in unseren Geschäften sehr gut aufgestellt sind und langfristig davon profitieren. Wir haben hervorragende Produkte, die den Alltag der Menschen überall auf der Welt leichter, bequemer und einfacher machen.
Für das entgegengebrachte Vertrauen und die gute Zusammenarbeit möchte ich allen unseren Kunden und Lieferanten danken, genauso wie unseren Aktionären für den offenen Dialog. Mit ihnen allen gemeinsam wollen wir die Zukunft von WACKER weiter gestalten.
München, im März 2014
Dr. Rudolf Staudigl
Vorsitzender des Vorstands der Wacker Chemie AG